Jahrbuch 2010-2011

80 Schule Heureka! Hélas! – Ist es die Möglichkeit : Die allerletzte Schulstunde in diesem Leben liegt hinter mir! Auf meinen Wunsch hin gehe ich ohne „Feierlichkeiten“ aus dem Lehrerzimmer, als hätte ich nur verlängerte Faschingsferien ... Dem Schloss danke ich für fast vierzig Jahre erfüllten Lebens. Der Solidarität der altenWeggenossen ( der toten wie der höchst lebendigen) werde ich immer gedenken und allen dessen, was ich von ihnen gelernt habe (Z.B. hatte ich als 29jäh- rige den Schnabel ziemlich offen und Frau Grosse – die damals würdigste Erzieherin noch aus der alten Zeit – nahm mich mal beiseite: „Man muss schweigen lernen, nicht nur aus Vorsicht, sondern auch aus Rücksicht!“ Das saß für immer. (Lernprozess noch andauernd!) – Oder Frau Haack (in Bayern 1973 noch „Fräulein“ Haack), damals meine hochgeschätzte Fachleiterin, eine geistig wirklich unabhängige Frau, die, als sie sah, dass ich anfangs fast jede Nacht bis 1 Uhr korrigierte und vorbereitete, mit Lachen in den Augen zu mir sagte: „Sie müssen sich Zeit für Muße nehmen, Sie müssen Ihre Privatinteressen pflegen.“ Dieser Zuspruch hat mit einem Schlag meine Muskeln entspannt, besser , als jeder Jogalehrer das vermocht hätte. _Oder Herr Mößner , der von früh bis in die Nacht beschäftigte zweite Mann neben dem Stiftungsvorstand/Schulleiter, der in dem Jahr, als ich ein Kleinkind und ein Baby zu Hause hatte, bei anfallenden Vertretungsstunden nicht nur einmal sagte: „Gehen Sie nur - ich mache das für Sie.“ Dank auch den jungen Kolleg/inn/en, deren Charme meine letzten Schlossjahre erfrischt hat! Dank allen Mitarbeiter/inne/n in Verwaltung, Küche und Garten und besonders den Handwerkern für Jahrzehnte währende Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft! Sobald ich am neuenWohnort telefonisch und mailtechnisch installiert bin, teile ich es mit. Falls jemand auf dem Weg Richtung Berlin bei „Bayreuth-Süd“ rausfahren und 5 km westlich Richtung Bamberg fahren will, soll er/sie mir willkommen sein. Ein Schloss wird man nicht vermissen, denn ich habe das Schloss Fantaisie gegenüber, ein kleines „Versailles“ mit in Felsen gehauenen Gedichten als „Gästebücher“ im Park. („Plus ca change plus c´est la même chose..“) Meinen Kolleg/inne/n noch zum Abschied einen Gruß vom alten Goethe aus den „Wahlverwandtschaften“, über Unterricht und Erziehung: „Doch kann ich Ihnen die ganz einfache Maxime nicht verbergen, nach der man dieses und noch viel mehr zu leis- ten vermag. Fassen Sie einen Gegenstand, eine Materie, einen Begriff, wie man es nennen will; halten Sie ihn recht fest; machen Sie sich ihn in allen seinen Teilen recht deutlich, und dann wird es Ihnen leicht sein, gesprächsweise, an einer Masse Kinder zu erfahren was sich davon schon in ihnen entwickelt hat, was noch anzuregen, zu überlie- fern ist. Die Antworten auf Ihre Fragen mögen noch so ungehörig sein, mögen noch so sehr insWeite gehen, wenn nur sodann Ihre Gegenfrage Geist und Sinn wieder hereinwärts zieht, wenn Sie sich nicht von Ihrem Standpunkte verrücken lassen; so müssen die Kinder zuletzt denken, begreifen, sich überzeugen, nur von dem was und wie es der Lehrende will. Sein größter Fehler ist der, wenn er sich von den Lernenden mit in dieWeite reißen läßt, wenn er sie nicht auf dem Punkte festzuhalten weiß, den er eben jetzt behandelt. Machen Sie nächstens einen Versuch und es wird zu Ihrer großen Unterhaltung dienen. ... Männer ... sollten von Jugend auf Uniform tragen, weil sie sich gewöhnen müssen zusammen zu handeln, sich unter ihresgleichen zu verlieren, in Masse zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten. Auch befördert jede Art von Uni- form einen militärischen Sinn, sowie ein knapperes, strackeres Betragen, und alle Knaben sind ja ohnehin geborne Soldaten: man sehe nur ihre Kampf- und Streitspiele, ihr Erstürmen und Erklettern. ... Frauen sollten durchaus mannigfaltig gekleidet gehen; jede nach eigner Art und Weise, damit eine jede fühlen lernte, was ihr eigentlich gut stehe und wohl zieme. ... Man erziehe die Knaben zu Dienern und die Mädchen zu Müttern, so wird es überall wohl stehn. Zu Müttern, versetzte Ottilie, das könnten die Frauen noch hingehen lassen, da sie sich, ohne Mütter zu sein, doch immer ein- richten müssen, Wärterinnen zu werden; aber freilich zu Diener würden sich unsre jungen Männer viel zu gut halten, da man jedem leicht ansehen kann, daß er sich zum Gebieten fähiger dünke. Deswegen wollen wir es ihnen verschweigen, sagte der Gehülfe. Man schmeichelt sich ins Leben hinein, aber das Leben schmeichelt uns nicht ...“ Dass uns allen doch das Leben ab und an schmeicheln möge, wünscht eure Christel Vollrath

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