Jahrbuch 2011-2012
68 Schule Sehr verehrte Anwesende, liebe Abiturien- tinnen, liebe Abiturienten. Ich habe heute die Ehre, Euch an diesem schönen und feierlichen Tag im Namen der Alt- schüler von Schloss Neubeuern sehr herzlich zu Eurem bestandenen Abitur zu gratulieren. Mit der Botschaft meiner heutigen Rede möchte ich Euch etwas mit auf denWeg geben, das Ihr nie- mals vergessen sollt. Dazu müsst Ihr Euch jetzt also noch ein allerletztes Mal dem Belehrungs- versuch eines Lehrers aussetzen, der es „ja nur gut mit Euch meint“. Was ich Euch sagen möchte ist aber nicht dazu geeignet es schnell noch auswendig zu lernen – vor der großen Prü- fung, die jetzt da draußen im Leben auf Euch wartet. Ihr müsst es auch nicht mitschreiben – weder digital – noch auf einen Zettel. Vielmehr solltet Ihr die emotionale Gunst dieses Augen- blickes nutzen, um ganz bei Euch zu sein und das Gefühl zulassen, dass Ihr heute hier ge- meinsam mit Euren Eltern und Freunden sitzt – und – mit der anderen Familie, zu der Ihr nun auch für immer gehören werdet – zu uns Neu- beurern! DasWort Altschüler ist ja eines das ich nicht wirklich sehr passend finde. Denn erstens fühlt man sich, als ein solcher angesprochen, immer irgendwie leicht senil und auch so, als säße man nun nur noch in der zweiten Reihe. Ich weiß noch sehr gut, als wir Euch imWinter zu unserem Vereinsessen eingeladen haben. Ihr seid tatsächlich alle komplett erschienen und wir hatten einen richtig schönen Abend und unser Verein einen fulminanten Erfolg, weil wir Euch alle für unsere Gemeinschaft gewinnen konnten. Es war die ganze Zeit eine fröhliche und angeregte Stimmung im Raum – bis zu ei- ner Stelle in meiner Rede von damals – an der Ihr dann alle plötzlich ganz ruhig wurdet. Da sagte ich zu Euch, dass Ihr nun nur noch wenige Monate habt bis zu diesem einen Tag, an dem Ihr von heute auf morgen Eure Zimmer räumen und verlassen werdet, während alle anderen Schüler noch ihren gewohnten Internatsalltag erleben. Kein Heimfahrwochenende, keine Ab- reise in die Ferien – eine Abreise für immer! Ich kann so eine Stelle in einer Rede na- türlich auch ungemein dramatisch ausdrücken – nicht zuletzt, weil ich es in meiner Zeit in Neu- beuern, seit immerhin 1975, tausende Male mi- terlebt habe – wenn einen dieser Schmerz wie ein Messer ins Herz trifft, wenn man plötzlich eine Gemeinschaft verlassen soll, in der man sich doch ganz allein und mit viel Kraft einen festen Platz erobert hat. Je nachdem, wie fest man in seiner leiblichen Familie verankert ist, ist dieser Gedanke zugegeben unerträglich. Deshalb möchte ich Euch jetzt auf zwei Ereig- nisse hinweisen, die ich in den vergangenen drei Wochen hier in Neubeuern erleben durfte und die Euch bewusst machen sollen, dass es eigentlich gar keine „Altschüler“ gibt, sondern eher eine ganz besondere Gemeinschaft aller Neubeurer, die durch einen ganz besonderen Ort einzigartig und für immer miteinander ver-
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