Jahrbuch 2012-2013

352 Vermischtes Die antiquarische Sammlung Schloss Neubeuern Juli 2013 „Bücher als Lebenshilfe“ die Sammlung von Ottonie Degenfeld-Schonburg Aus Hofmannsthals Leben ist Neubeuern nicht wegzudenken, seit er das Schloss Neubeuern und den Gutshof in Hinterhör am 1. Dezember 1906 zum ersten Mal besuchte. Auf eine besondere, man möchte fast sagen ahnungsvolleWeise, fühlte er sich hier vom ersten Moment an zu Hause. Für Hofmannsthals Weg zur „eigentlichen Kunst des Lebens“ war Neubeuern, in paradiesischer Landschaft gelegen, eine wichtige Station. Schon die ersten schriftlichen Zeugnisse des Besuchs sprechen eine deutliche Sprache und bezeugen, welche Magie für den Dichter von diesemOrt ausging. „Dass Julie (unsere Schulgründerin Baronin vonWendelstadt ) so nett ist, hab ich gar nicht gewußt! So klug und angenehm und anmutig – mir war als kennte ich sie schon lange und ich mußte immer Mädi (ihre Schwester Dora von Bodenhau- sen ) daneben sehen und freute mich an der Abwesenden durch die Anwesende und umgekehrt. Nachmittag schlief ich ein bischen auf Julie´s chaise-longue (ich habe jetzt meist elende Nächte) und dann kam Julie herein und wir plauderten in der Dämmerung von Euch zu dritt – das Dritte war nämlich Ottonie . Die ist aber unglaublich nett! So etwas Liebes, Gutes und Freudemachendes. Mit der möchte man gleich ein Jahr allein auf einer wüsten Insel leben und sich nur von Möveneiern nähren, es müßte doch nett sein. Es ist wirklich ganz rührend, dass Mädi noch so eine nette Schwester und Schwägerin hat! Wir müssen aber ganz bestimmt einmal zusammen in dem Neubeuern sein und alle zusammen mit Ottonie. “ Damit sind die Hauptpersonen des Lebens auf Schloss Neubeuern genannt. Julie war viele Jahre Hofdame der Königin vonWürttem- berg gewesen, ehe sie 1895 Jan Freiherrn vonWendelstadt geheira- tet hatte. Die Dritte imBunde, Ottonie Gräfin Degenfeld-Schonburg geb. von Schwartz , hatte imMai 1906 den Bruder der beiden Schwe- stern Christoph Martin Graf von Degenfeld-Schonburg geheiratet, der Hofmarschall und persönlicher Adjutant des württembergischen Thronfolgers, Herzog Albrecht von Württemberg , war. Jan von Wendelstadt schließlich, ein nobler, kunstsinniger und großzügiger Mann, hatte Schloss Neubeuern 1882 gekauft. Zwischen 1904 und 1908 ließ er gerade den Mitteltrakt durch den Architekten Gabriel von Seidl nach seinenWünschen neu errichten, weshalb Hofmannsthal 1906 auch in Hinterhör empfangen wurde. Jan war der Sohn des Begründers und Direktors der Darmstädter Bank, TheodorWendel- stadt und dessen Frau, der holländischen Adeligen Johanna Alberta Walkart von Isinga . Er wuchs in großbürgerlich-adeliger Umgebung auf, unternahm zahlreiche Bildungsreisen in ferne Länder und war 1891, nach langjährigen Bemühungen, in den bayerischen Freiherren- stand erhoben worden – Gerüchten zufolge hatte er sich den Adels- titel dadurch erkauft, dass er dem Prinzregenten Luitpold Arnold Böcklins Gemälde „Im Spiel der Wellen“ zum Geschenk gemacht Gut Hinterhör um 1920 Carl Jacob Burckhardt, Ottonie Gräfin Degenfeld-Schonburg und Hugo von Hofmannsthal v.l. 1924 in Bad Aussee Eine Auswahl aus der Sammlung

RkJQdWJsaXNoZXIy OTQ4NjU5