Jahrbuch 2013-2014

19 Schule Besuch im Gericht Rosenheim 25. Oktober 2013 Am Freitag vor den Allerheiligen-Ferien bekam der Wirtschaftskurs der 12. Klasse die einmalige Gelegenheit, eine Gerichtsverhandlung im Rosen- heimer Amtsgericht zu besuchen. Nach einer früh- zeitigen Anreise, bei der im Eingangsbereich stich- probenartig Personenkontrollen wie am Flughafen vorgenommen wurden (unter anderem Dmitry, Felix, Max Grobecker, Herr Görlitz ), nahmen die Schülerinnen und Schüler im Besucherraum des Sitzungssaals 021 Platz. Der türkische Hauptan- geklagte, mit dem die Verständigung nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich war, war wegen Geld- fälschung und versuchter Geldfälschung angeklagt. Angeblich war er daran beteiligt, 160.000 gefälschte 2 EURO-Münzen in Deutschland in Umlauf zu brin- gen, was jedoch sowohl der Angeklagte als auch die türkischstämmige Verteidigerin vehement ab- stritten. Beide behaupteten, dass der Angeklagte diese Angaben beim Gespräch mit einer sogenann- ten V-Person (Verbindungsperson für die Polizei, ein „Spitzel“) im Rosenheimer Hauptbahnhof selbst verbreitet habe, um sich als Geschäftspartner inte- ressant zu machen. Einer der einberufenen Zeugen, ein Kommis- sar des bayerischen Landeskriminalamtes, konnte interessante Fakten bezüglich der Logistik großer türkischer Geldfälschungsfabriken beisteuern. In der Folge wurde durch einen weiteren Zeugen die Existenz von 160.000 in der Türkei sichergestellten 2 EURO-Münzen nachgewiesen, welche der Ange- klagte wohl durch Unterstützung der „V-Person“ in Deutschland in den Umlauf bringen sollte. Aufgrund der erdrückenden Beweislage konnte die verteidi- gende Rechtsanwältin zuletzt nur noch versuchen, die nicht mehr abzuwendende Haftstrafe durch Er- wähnung mildernder Umstände zu kürzen. Letztlich war nur eine einzige gefälschte 2 EURO-Münze im McDonald‘s-Restaurant am Rosenheimer Haupt- bahnhof übergeben und somit als echt in Umlauf gebracht worden - eine Straftat, die den Angeklag- ten nach Schätzungen des ersten Zeugen wohl um kaum mehr als 50 Cent bereichert haben dürfte. Nach einer kurzen Beratungspause verkündete die Richterin das Urteil, welches dem Angeklagten mehr als zwei Jahre Haft ohne Bewährung in einer Justizvollzugsanstalt einbrachte. Dieses für den Angeklagten harte Urteil kam unter anderem durch die lange Liste seiner Vorstrafen zustande, darun- ter ein Verstoß gegen die Hackfleischverordnung beim Betreiben eines Dönerstandes. Die Richterin begründete ihre Entscheidung aber auch mit der besonderen Schutzwürdigkeit der Bürgerinnen und Bürger vor Falschgeld, wie auch der damit notwen- dige Generalprävention, also der Abschreckung der Allgemeinheit. Die Frage, inwiefern eine zweijäh- rige Haftstrafe als Urteil für dieses (versuchte) Ver- brechen wirklich gerechtfertigt ist, bot den Schülern am Ende der Verhandlung reichlich Diskussionsstoff für die abschließende Gesprächsrunde mit Richte- rin, Schöffen, Staatsanwalt und Verteidigerin. Christoph Zimmermann, Q12 Sebastian Görlitz

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