Jahrbuch 2014-2015
213 Internat P-Seminar Nepal Schloss Neubeuern 10. März 2015 Wir, die Nepal-Gruppe, sind vor einemMonat dorthin gereist und waren von Anfang an in eine völlig andereWelt eingetaucht. Obwohl wir sowieso schon aus verschiedenen Ländern kommen, und auch jeder von uns schon viel gereist ist, waren wir von Anfang an geschockt, wie anders Nepal ist als alles, was wir vorher kannten. Schon auf der Landebahn wird das Flugzeug durchgeschüttelt, man ist noch nicht aus dem Flieger ausgestiegen und sofort weiß man, dass hier nicht die gleichen Standards gel- ten als anderswo. Überhaupt mussten wir erkennen, dass in Nepal nichts normal ist, was für uns zu Hause normal ist. Strom gibt es nur zu einzelnen Stunden täglich, also eher gibt es mal keinen Strom. An manchen Tagen fällt er komplett aus. Wasser läuft nur manchmal warm, und manchmal kommt gar keines mehr. Zuletzt hatten wir zwei Tage lang überhaupt kein Wasser aus demWasserhahn. Stellt Euch vor, wir in dieser Kapelle heute Abend repräsentieren die Weltbevölkerung. Wenn man die Weltbevölkerung etwa auf unsere Anzahl Leute (etwa 200) reduzieren könnte und dabei die Proportionen aller auf der Erde lebenden Menschen beibehalten würde, wären wir folgendermaßen zusammengesetzt: * etwas mehr als die Hälfte sind Frauen und etwas weniger als die Hälfte sind Männer * etwa ein Drittel sind Weiße und zwei Drittel sind Nicht-Weiße * etwa ein Drittel sind Christen und zwei Drittel sind Nicht-Christen, also: Hindus, Bud- dhisten, Muslime, aber auch Leute ohne Religion * in einer Gruppe wie wir hier sind prozentual etwa 20 - 25 Homosexuelle * 12 Personen von uns besitzen 70% des gesamten Reichtums und alle 12 kämen aus den westlichen Ländern, - alle anderen sind eher arm oder leben in einfachen Verhältnissen * mehr als zwei Drittel von uns wohnten in maroden Häusern, wie wir sie in Nepal ge- sehen haben * 140 Leute von uns, deutlich mehr als die Hälfte, wären völlige Analphabeten ohne ordentliche Schulbildung * etwa die Hälfte von uns würden an Unterernährung leiden, * 2 wären gerade dabei zu sterben * 2 wären dabei geboren zu werden * nur zwei oder drei Leute besäßen einen eigenen Computer * und nur 2 bis drei Leute hätten einen Universitätsabschluss Du solltest auch Folgendes bedenken: *Drei Viertel aller Menschen dieser Erde sind nicht krankenversichert. Sie müssen die hohen Summen für Ärzte und Operationen bar bezahlen können. Das wird auch in den USA so gehandhabt. Wer nicht zahlt, wird nicht behandelt und hat Pech gehabt. *Wenn Du noch nie in der Gefahr eines Kriegskampfes, in der Einsamkeit der Gefangen- schaft, imTodeskampf der Folterung oder im Schraubstock des Hungers warst, geht es Dir besser als 500 Millionen Menschen heute Abend. *Wenn Du zur Kirche oder in einen Tempel gehen kannst ohne Angst haben zu müssen bedroht, gefoltert oder getötet zu werden, hast Du mehr Glück als 3 Milliarden Menschen, zum Beispiel in Nigeria, Mali oder auch Nordkorea und Ägypten. * Wenn Du Essen im Kühlschrank, Kleider am Leib, ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Schlafen hast, bist du reicher als 75% der Menschen dieser Erde. Wir haben in Nepal gesehen, wie solche Menschen leben und mit ihnen gesprochen. Es ist ein hartes Leben, das nur wenige Chancen auf Verbesserung bietet. *Wenn Du Geld auf der Bank hast, gehörst Du zu den Privilegiertesten 8% dieser Welt. Über 90%aller Menschen sind nicht in der Lage, Guthaben anzusparen, sie leben vomHand in den Mund, müssen ihr verdientes Geld sofort wieder ausgeben für dasWichtigste im Leben. Nepal hat unseren Blick auf die Welt verändert. Wir leben in einer Welt des Luxus, wir sollten aber bedenken, dass die Welt der Armut weltweit deutlich weiter verbreitet ist, als unser Lebensstandard. Da fahren wir halt bloß normalerweise nicht hin, um uns das anzu- sehen. Wir haben festgestellt, dass die armen Menschen trotzdem glücklich sein können, indem sie Lieder singen oder tanzen. Wir haben erlebt, dass sie froh waren über unseren Besuch und stolz über unsere Aufmerksamkeit. Wir haben gelernt, dass sie gute Freunde sein können, trotz aller Unterschiede. Wir werden in diesem und im nächsten Schuljahr immer wieder von dieser Nepalreise erzählen und hoffen, Euch ein wenig von unseren Er- fahrungen mitteilen zu können. Wenn uns etwas von dieser Reise geblieben ist, so ist das der Wunsch, den Leuten zu helfen, indem wir weiter Spenden sammeln. Wir freuen uns, wenn Ihr uns dabei unterstützt. Annette Haseneder
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