Jahrbuch 2014-2015

96 Schule Ausstellung NS Zeit Schloss Neubeuern Juli 2015 Warum gibt es diese Ausstellung und den heutigen Termin? 2015 - 70 Jahre Kriegsende und Befreiung der Konzentrationsla- ger? Auch, aber nicht nur ... Gegen das Vergessen Warum sollen wir nicht vergessen und was? Viele, die den 2. Weltkrieg noch erlebt haben, wollen – können aber nicht ver- gessen! Viele, die nichts wissen, können auch nichts vergessen! Ich habe noch in den Ruinen des 2. Weltkriegs als Kind ge- spielt und habe fast nichts von Eltern oder Schule erfahren. Mei- nen Musiklehrer in der 1. Klasse Gymnasium kann ich nicht ver- gessen, weil er uns durch seine Präsenz und das, was er mit uns im Unterricht gemacht hat, Angst gemacht hat und noch heute viele meiner damaligen Klassenkameraden Alpträume von diesem Lehrer haben. 40 Jahre später haben wir ihn im Internet gesucht und seine Nazi Vergangenheit als SS Sturmbannführer erfahren. Wider den Gehorsam Diesen angstbesetzten Gehorsam haben wir auch bei diesem Lehrer erfahren und dieser war auch im Hitlerregime ein entschei- dender Faktor für das Funktionieren des Systems. Der deutsche Psychoanalytiker Arno Grün hat es in seinem kleinen Buch be- legt. Fest verankerte Konventionen verführen zu reflexartigem Gehorsam und veranlassen uns Obrigkeiten nicht in Frage zu stellen, verleiten uns zur Hingabe an vorgegebene Programmie- rungen und machen uns schließlich unfähig selbst zu denken und selbstbestimmt zu handeln. Grün antwortet mit Theodor Fontane , der uns rät: Es kann die Ehre dieser Welt Dir keine Ehre geben, was dich in Wahrheit hebt und hält, Muß in dir selber leben. Wenn´s deinem Innersten gebricht An echten Stolzes Stütze, Ob dann die Welt dir Beifall spricht, Ist all dir wenig nütze. Das flücht´ge Lob, des Tages Ruhm Magst du dem Eitlen gönnen; Das aber sei dein Heiligtum: Vor dir bestehen können. Aus der Geschichte für die Zukunft (und die Gegenwart) lernen ist die Überschrift unseres Kultusministers in dem Heft „Schule und Wir“. Wenn wir unsere heutige Welt anschauen und nur das Vorgehen des sog. IS Staates gegen die Jesiden als Beispiel neh- men, denkt man auch an die Judenverfolgung im 3. Reich. Das Bewusstsein der Geschichtlichkeit ist ein zentraler Bestandteil menschlicher Existenz und das Wissen über das, was geschah, was Menschen taten, und die Erinnerung daran, gehören zu un- seremMenschsein und machen unsere Identität aus. DiesesThe- ma in der Schule zu vermitteln, ist ein großes Anliegen unseres Kultusministers. Geschichte wird lebendig, wenn sie greifbar ist, deshalb sind wir heute hier und die Ausstellung ist wie sie ist. Begegnung mit Zeitzeugen, und Eure Generation ist die letzte, die noch mit ihnen sprechen kann, ist ein ganz wertvoller Teil der Begegnung mit Geschichte. Originale Gegenstände und die Be- schäftigung damit vermitteln das Gefühl für das Denken und Ge- schehen dieser Zeit. Schloss Neubeuern bietet viel davon und wir freuen uns, es Euch zeigen zu können. Nutzt die Gelegenheit und informiert Euch – Ihr werdet es nicht vergessen! Reinhard Käsinger

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