Jahrbuch 2015-2016

254 Abendsprachen Ich wünsche dir ein gutes, neues Jahr! Möge die Macht mit dir sein! Nicht nur Star-Wars-Fans wissen, dass der Ausspruch aus dem Science-Fiction- Film kommt. Wir hören den Satz “Möge die Macht mit Dir sein!” und haben sofort Bilder im Kopf, von Luke Skywalker und so weiter. Die Star-Wars Filme sind genauso wie James-Bond oder Spiderman-Filme so beliebt und Kassenschlager, weil es letzt- endlich immer um die gleichen Fragen geht: Kann das Gute das Böse besiegen? Kann Gerechtigkeit über das Korrupte triumphieren? Ist Liebe wirklich stärker als Hass?Wie wollen wir in Zukunft leben - werden uns böse oder gute Mächte in nächsten Gene- rationen regieren? Wenn ich sage: “James Bond”, “Darth Vader”, “Spiderman” - dann haben alle sofort Bilder im Kopf, Ihr wisst, wie die Figuren aussehen, wir alle wissen, wovon ich spreche. Als es noch keine Kinofilme gab, gab es Kirchen und Kapellen, die genau solche Bilder für die Leute anboten. In dieser Abendsprache möchte ich zeigen, von welcher Bilderwelt wir umgeben sind, wenn wir uns in unserer Kapelle treffen. Für heutige Augen ist so eine barocke Kirche ganz hübsch, aber nicht besonders interes- sant, weil wir die Geschichten nicht kennen, die sich hinter diesen Bildern verbergen. In der Zeit ihrer Entstehung allerdings kannten die Leute die Legenden, Geschichten aus der Bibel oder “Helden”sagen sehr genau und konnten mit den Bildern viel an- fangen. Wenn man will, so könnte man sagen, dass so eine bunt ausgemalte Kirche ein wenig wie ein Comic-Strip ist, oder eine Bildergalerie, ein Bilderbuch, das viele Geschichten erzählt. Ein paar dieser Geschichten möchte ich Euch heute nahe bringen. Das Aufschlüs- seln der Bilder und Geschichten gehört gewissermaßen zum Kulturgut nicht nur Deutschlands, sondern Europas. In der Kirche werden solche „Helden“ als „Heilige“ bezeichnet. In frühester Zeit, als die Kapelle ursprünglich erbaut worden war, sah sie ganz anders aus als heute, eher wie ein größeres Wohnzimmer: rechteckig, kleiner als heute, mit einer geraden Holzdecke, aber schon mit einem kleinen Bogen am Os- tende (= Apsis = erhöhter Platz / Altarraum). Im Laufe der Zeit wurde die Holzdecke mehrfach erneuert und unterschiedlichen Stilen angepasst, z.B. mit Schnitzwerk, mit Bemalung, Schnörkel oder ohne, ganz nach Geschmack der Zeit - aber immer war es eine gerade Holzdecke. 1742 bis 1745 fand in Bayern ein Erbfolgekrieg statt, wäh- renddessen das Schloss und damit die Kapelle stark ramponiert wurde. Die Soldaten plünderten und klauten alles, was sie mitnehmen konnten. Es blieben letztendlich nur noch die Mauern übrig. Nach dem Krieg erhielt der bayerische König Max IV. das Schloss, und er baute es nach und nach wieder schön auf. Er begann mit dem Hoch- altar. Man sieht das Wappen von Max IV. über dem Altar angebracht. Dann ließ er das Schloss renovieren, und danach dann den Rest der Kapelle. Daran sieht man, wie wichtig den Leuten in der Zeit der Altar war - der Ort, vor dem man sich versammelt zum Gebet, vor dem die Heilige Messe stattfand. Das Hauptbild des Altars wurde von Johann Baptist Zimmermann gemalt, der sehr berühmt ist, denn er hat viele Ge- mälde in verschiedenen, z.T. berühmten, Kirchen erstellt, am berühmtesten ist wohl die Wieskirche (in der weiteren Umgebung von Schloss Neuschwanstein ). Das Bild zeigt den Hl. Augustinus . Er war bekannt als Mann, der sich sehr viel mit der Frage beschäftigt hat (und Bücher darüber geschrieben hat), wie man sich Gott vorstellen könnte oder sollte. Wie im Islam sagt man auch im Christentum, dass man sich Gott eigentlich gar nicht richtig vorstellen kann, man muss also irgendwelche anderen Sym- bole dafür finden. Augustinus schaut auf ein Symbol, das ein Auge darstellt, umge- ben von einem Dreieck und einem Leuchtkranz. Dieses Symbol steht für Gott, der al- les sieht, das Dreieck symbolisiert die sog. Dreifaltigkeit: Vater - Sohn - Heiliger Geist. Wenn wir Christen das Kreuzzeichen machen, so machen wir die Gesten passend zu dem, was Augustinus sich ausgedacht hat, was Gott ist. Das Zeichen für Gott sieht man nicht nur in dem Altarbild, sondern auch oberhalb der Apsis - Gott soll hier in dieser Kapelle als religiöser Ort also eine wichtige Rolle spielen. Die Verzierungen im Kirchenraum - der Fachbegriff hierzu ist: Stuck - sind von Georg Funk geschaffen worden, der auch im Schloss Nymphenburg die Stuckarbeiten ausgeführt hat. Kanzel (ebenso von Georg Funk): von dort sprach früher der Pfarrer über die Lehren der Kirche 4 Evangelisten = vier Jesusbiographen Ochs - Lukas Adler - Johannes Löwe - Markus (Markusplatz in Venedig) Engel - Matthäus Max IV. hat also nur die besten Maler ( Johann Baptist Zimmermann ) und Hand- werker ( Georg Funk ) beauftragt, die Kapelle zu gestalten - er wollte wirklich ein be- sonders hübsches Juwel entstehen lassen. Die Seitenaltäre entstanden zu Zeiten von Max V. Geschichte der Kapelle Schloss Neubeuern 12. Januar 2016

RkJQdWJsaXNoZXIy OTQ4NjU5