Jahrbuch 2018-2019
451 Feste Ich behaupte jetzt: Ihr – ja ihr – seid auch so ein Säulenwald! Jede und jeder von euch ist eine Säule! Wir haben geholfen, dass ihr eine gute Grundlage habt, Wissen und Können, auf dem ihr aufbauen könnt. Wir haben geholfen, die Basis zu schaffen und ihr seid Säulen geworden. Für mich persönlich übrigens auch im Unterricht! Und als diese Säulen lassen wir euch jetzt raus! Die Bögen entstehen erst noch, indem ihr eure Kraft in die Welt hinaus entwickelt und etwas aus eurem Wissen und Können und Sein macht! Wir hoffen sehr, dass eure Bögen Schwung haben und weit spannen und tragen können – und dass es eben nicht spitze Speere nur in eine Richtung sind, sondern dass ihr spannende Bögen zu den anderen hin ent- stehen lasst, Verbindungen, die tragen. Es gibt so viel auf der Welt, das tragende, stabile, federnde Verbindungen braucht! Und ich möchte euch besonders anhand dieses Bildes auf ein sehr wichtiges Detail aufmerksam machen: Diese Bögen hier sind nicht aus einem Guss! Ihr seht die roten und weißen Teile. Als ich dort war, hat einer unserer Begleiter erzählt: Die älteren Bögen sind aus weniger edlem Material und vor allem aus zwei verschiedenen Materialien, einem weicheren und einem härteren, aufgebaut. Aber sie sind auch deshalb so alt, weil sie dadurch eine Besonderheit haben: Sie sind haltbarer! Die neueren Bögen aus edlem Material und teilweise aus einem Stück, das nur unterschiedlich gefärbt wurde, brechen viel schneller, wenn eines der vielen kleinen Erdbeben wieder die Stadt erschüttert, und halten dann gar nicht mehr. Man kann sagen: Das tolle, edle Material ist dem Druck und den Erschütterungen von außen viel weniger gewachsen. Es ist vielleicht stärker, bricht aber auch schneller. Das alte Material kann nämlich eines: Es federt den Druck von außen und die Erschütterungen viel besser ab! Die Unterschiede im Material machen das möglich! Vielelicht verschiebt es sich, aber es steht und trägt! Vielleicht platzt der Lack, aber der Bogen trägt! Vielleicht kann man Folgendes daraus lernen: Wir hätten so oft gerne alles aus einem Guss – aber vielleicht ist die Re- alität, in der wir mit dem Nebeneinander von Verschiedenem leben müssen, in dem auch nicht alles so ideal und glänzend ist, viel haltbarer, wenn wir die Funktion sehen, die es erfüllt: Nämlich zu tragen! Wenn der weiße Sandstein zu den roten Ziegeln sagen würde: Ich brauche euch nicht! Wenn die Ziegel sagen würden: Weg mit dir, Bröselzeug! Oder der Marmor zu beiden: Ihr seid nicht exzellent genug! – Dann würde die große Moscheeka- thedrale schon lange nicht mehr stehen! Deshalb freue ich mich, dass ihr Säulen und doch unterschiedlich seid! Baut eure Bögen zueinander und zu anderen in die Welt hinaus! Denkt dran, dass man nach oben steigen kann, aber auch wieder herunter muss, wenn man den Kontakt zu den anderen haben will. Vergesst nicht, dass wir Verbindungen brauchen, die tragen können! Ich wünsche euch dabei Gottes Segen! Denn er hat mit dem Regenbogen ein Symbol geschaffen, dass vor allem das klar machen kann: Trotz aller Unterschiede, trotz jeweiliger Eigenheiten gehört die Welt zusammen! Und jetzt geht hinaus, Bögen bauen! Michael Schlierbach
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