Jahrbuch 2018-2019

92 Schule Nathan derWeise Schloss Neubeuern 14. Februar 2019 „ Lessings ‚Nathan der Weise‘ ist ein zeitlo- ses Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit“ – so heißt es in der Süddeutschen Zeitung. In diesem Jahr sollte das mittlerweile 240 Jahre alte Stück auch auf unsere Bühne im Festsaal gebracht werden und so kam es, dass die Neue Werkbühne München am 14. Februar 2019 auf Schloss Neubeuern gastierte, um für die 9. bis 12. Klassen Lessings Stück in einer reduzierten Fassung zum Besten zu geben. Die Handlung knüpft dabei mühelos an ak- tuelle Fragen und Diskussionen rund um Vorur- teile, Macht und Glaubensfragen an. Schauplatz ist das Jerusalem des 12. Jahrhunderts zur Zeit des dritten Kreuzzuges, wo Judentum, Chris- tentum und Islam aufeinandertreffen. Nathan ist ein reicher jüdischer Kaufmann, der von einer Geschäftsreise zurückkehrt. Hier erfährt er, dass seine geliebteTochter Recha beinahe bei einem Feuer ums Leben gekommen wäre, wenn nicht ein christlicher Ritter sie gerettet hätte. Dieser war kurz zuvor durch Sultan Saladin aus der Gefangenschaft freigelassen worden, während seine Mitkämpfer sterben mussten. Zwischen dem (vermeintlich) jüdischen Mädchen und dem jungen Christen keimt Liebe auf. Dabei sind die Gefühle stärker als anerzogene Vorurteile. Als der Tempelritter auch noch erfährt, dass Recha Nathans christliche Adoptivtochter ist, fragt er den Patriarchen von Jerusalem um Rat. Dessen Antwort als Stimme aus dem Hintergrund: „Der Jud (gemeint ist Nathan ) muss brennen“. Nathan ist derweil an den Hof des nicht minder klugen Sultans bestellt worden, der ein Vorbild an Toleranz ist. Wegen seiner Geldsor- gen bittet er Nathan um Hilfe, wobei sich die Unterhaltung zu einem Disput über die Frage nach der „wahren Religion“ entwickelt. Nathan antwortet mit der Ringparabel, der lehrhaften zeitlosen Geschichte über den „unschätzbaren Wert“ des Ringes mit einem Opal als göttliches Symbol für Gnade und Liebe. Fazit: Jede der drei großen Religionen könnte die richtige sein. Daraufhin werden Saladin und Nathan Freun- de. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Darsteller gleichzeitig auch Erzähler sind, die über die Weltreligionen aufklären und die grausamen Feldzüge und Glaubenskriege der Kreuzritter thematisieren. Die letztenWorte der Aufführung beziehen dabei abschließend kon- kret Stellung gegen Antisemitismus, Rassis- mus, Nationalismus und Intoleranz: „Auszug aus der Rede des Historikers und Holocaust-Überlebenden Saul Friedländer am 31. Januar im Deutschen Bundestag: ‚Wir alle hoffen, dass Sie die moralische Standfestigkeit besitzen, weiterhin für Toleranz und Inklusivi- tät, Menschlichkeit und Freiheit, kurzum für die wahre Demokratie zu kämpfen. Denn ‚Frem- denhass, die Verlockung autoritärer Herrschaft- spraktiken und insbesondere ein sich immer weiter verschärfender Nationalismus sind über- all auf der Welt in Besorgnis erregender Weise auf dem Vormarsch.‘“ Rebecca Riehl

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