106 SCHULE nige wurden aus der bereits langjährig bestehenden „NPEA Schulpforta“ in Thüringen abgeordnet. Mit dem Aufbau der NPEA Neubeuern war der SS-Sturmbannführer Oberregierungsrat Dr. Persson, Leiter der NPEA Schulpforta, beauftragt. Als sein Stellvertreter in Neubeuern wirkte Dr. Rahm der ab 1943 Leiter wurde. Für die NPEAs galten die Richtlinien und Lehrpläne der allgemeinen Oberschulen im Reich. Dabei hatten sie die Aufgabe, eine Elite in nationalsozialistischem Geiste heranzubilden. Der „Völkische Beobachter“ schreibt: „Die nationalpolitischen Erziehungsanstalten sind dazu bestimmt, körperlich und geistig gesunde und leistungsfähige Jungen heranzuziehen, die das Zeug in sich haben, sich einmal in die geistige und willensmäßige Führerschicht des deutschen Volkes einzureihen. Diese Erziehungsanstalten suchen durch Erfassung des ganzen Menschen dieses Ziel zu erreichen. Die Gesamterziehung setzt hier bewußt gleichstark und verantwortungsvoll von der Gemeinschaft her, in die der Junge gestellt ist, ein.“ „Gemeinschaftserziehung“ heißt dann konkret in Neubeuern: ein großer Raum, in dem alle Schüler schliefen (die alte Aula im Verbindungsbau zwischen Palas und Kapelle), sowie zusätzliche kleinere Tageszimmer, in denen mehrere Jungmannen vor allem ihre Hausaufgaben zu machen hatten. Für die Schuljahre 1943/44 und 1944/ 1945 wurde jeweils ein weiterer „Zug“ hinzugefügt, so daß bis Kriegsende gerade einmal die Unterstufe und eine Klasse der Mittelstufe existierten. Die Freizeitgestaltung fand nach dem Schema der „Jungvolk-“ bzw. „HJ“-Erziehung statt. Natürlich waren Geländeübungen und Kriegsspiele an der Tagesordnung. Besondere politische Indoktrination jedoch soll es nicht gegeben haben. „Altschüler“ der „Napola Neubeuern“, erzählten auf einemTreffen im November 1995 bereitwillig über ihr Leben in jener Zeit und betonten auch auf wiederholtes Nachfragen hin immer wieder, daß es keinen speziellen politischen Unterricht gab. Vom aktuellen Kriegsgeschehen habe man auch kaum etwas erfahren, da kein Radiogerät vorhanden gewesen sei. Wie mit den Behörden in Berlin ausgemacht, durfte die Baronin bis auf weiteres im Westflügel des Schlosses wohnen. Letztlich war sie froh, daß das Schloß weiterhin als Schule genutzt wurde. In einem Brief an Dr. Alwin Müller schreibt sie: „Mein schwerbelastetes Herz wird leichter in dem Gedanken, daß wieder ein Humanistisches Gymnasium herkommt, wieder Jungens diese Götterwelt in sich aufnehmen werden - wenn auch unbewußt. Es wird im Geist der heutigen Zeit sein, - aber es bleibt uns unbenommen, auch in weitere Ferne zu denken.“ Die Anstrengungen der vorangegangenen Jahre aber haben der alten Dame so zugesetzt, daß sie - mit 71 Jahren - am 12.11.1942 starb. 1945 dann, beim Näherrücken der Front, wurde die NPEA aufgelöst und die Schüler wurden nach Hause entlassen. Für die aus Bayern stammenden war es meist kein Problem, ihre Familien zu erreichen; die „Schulpfortaner“ konnten jedoch nicht mehr nach Thüringen zurück und wurden bis auf weiteres in der Umgebung untergebracht. Schüler anderer Napolas jedoch kamen aus dem Südosten des Reiches in größeren Mengen, um hier Halt zu machen, so daß bisweilen an die 700 Menschen im Schloß und in der Turnhalle untergebracht waren. Schon Ende April 1945 aber zog eine amerikanische Sanitätskompanie in Neubeuern ein und etablierte im Schloß ein großes Feldlazarett. Es bestand bis Ende August und wurde von einem amerikanischen Offizier pflichbewußt und milde geführt. Danach entschied die amerikanische Besatzungsmacht, Schloß Neubeuern solle der UNRRA („United Nations Relief and Rehabilitation Administration“) zur Verfügung gestellt werden. Menschen, die vom Hitler-Regime verschleppt und als Zwangsarbeiter eingesetzt worden waren, sollten hier zunächst eine Unterkunft finden. Viele Einrichtungsgegenstände des Schlosses gingen in dieser Zeit verloren, wurden beschädigt oder zerstört. Aus der Not heraus verwendete man Möbel als Brennholz. Schloss Neubeuern bot ein trauriges Bild. Nun kann man fragen, ob der Geist des Widerstandes bei Axel von dem Bussche etwas zu tun hat mit dem beschriebenen „Neubeurer Geist“? - Alexander Freiherr von Branca (der als Architekt die Pläne für „Trüperhaus“ und „Castello“ entwarf) war 1931 bis 1937 in einer Klasse mit Axel. Branca berichtet über seine Zeit in Neubeuern in einem Interview aus dem Jahre 1971: „Das Schöne an Neubeuern war, daß es sich von der übrigen Welt unterschied. Diese war verhältnismäßig unangenehm, aggressiv. Neubeuern war eine Insel, auf der man Maßstäbe bekam für das, was falsch oder richtig ist. Man konnte dort in einer schlechten Zeit eine schöne Jugend verleben. Daher ist es auch wohl kein Zufall, daß sich so viele, wie z.B. Axel von dem Bussche, entschieden gegen das Hitlerregime gestellt haben; er war ein Exponent dieser Gruppe und setzte Ernennung Dr. Person li. vom ehemaligen Anstaltsleiter Dr. Adolf Schieffer zum Nachfolger https://www.naumburg-geschichte.de/geschichte/napola.htm 10
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