108 SCHULE Zur Rechtsposition der Privatschulen und zur Organisation der Aufsicht über die Internatsschulen im Dritten Reich. Neue Landesgesetze wurden aufgrund der neuen Verfassungsbestimmung zunächst nicht beschlossen. Es galten die alten Gesetze aus der Kaiserzeit weiter; insbesondere die preußische Ministerialinstruktion von 1839 blieb in den preußischen Ländern weiter in Kraft. Diese sah sowohl eine Bedürfnisprüfung hinsichtlich der Genehmigung von Privatschulen vor als auch eine relativ starke Anpassung an staatliche Einrichtungen. Die Ländervereinbarungen der Kultusminister von 1928/30 stellten dann fest: Zusätzlich wird zu den gleichwertigen genehmigten Ersatzschulen eine weitere Kategorie eingeführt. die „vollwertige“ Ersatzschule, die mit „Öffentlichkeitsrechten“, d.h. Zeugnisberechtigung mit öffentlicher Wirkung, privilegiert wird, die „Anerkennung‘ erhält und dafür „nach ihrer ganzen Einrichtung und Leistung den öffentlichen Schulen gleichstehen“ muß. Hinsichtlich der Anerkennung bleibt es bei der Bedürfnisprüfung. Bedürfnisprüfung und Gleichschaltung durch Anerkennung wurden dann auch die Hebel, mit denen trotz Fortgeltung der Reichsverfassung das Dritte Reich das Privatschulwesen alsbald in Frage stellte. Mit den Ministerialerlassen vom 28.12.1936 und 22.1.1938 begann eine Überprüfung der höheren Privatschulen hinsichtlich ihrer Notwendigkeit. Das Dritte Reich konnte sich dabei auf den Vorrang der öffentlichen Schule nach Art. 143 (1) WRV berufen. Der Ministerialerlaß vom 5.4.1939 läßt im höheren Schulwesen nur noch anerkannte Ersatzschulen zu; Ersatzschulen ohne Anerkennung werden schrittweise aufgelöst, weil ein Bedürfnis verneint wurde. Als Anerkennungsvoraussetzungen wurden verlangt: 1. Für die private höhere Schule muß ein öffentliches Bedürfnis bestehen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt nur vor, wenn die Schule den Ersatz für eine fehlende öffentliche Schule bildet oder eine Sonderaufgabe erfüllt. 2. Die Schule und ihr Unterhaltsträger müssen die Gewähr für die nationalsozialistische Erziehung der ihr anvertrauten Jungen oder Mädchen bieten, die Erziehungsarbeit der Schule muß eine eindeutig nationalsozialistische Richtung erkennen lassen. 3. Die private höhere Schule muß den gestellten Anforderungen hinsichtlich des Erziehungszieles und Lehrplans, der Lehrkräfte und der räumlichen Einrichtung und Ausstattung mit Lehrmitteln genügen. 4. Der Unterhaltsträger der Schule muß der Reichsgemeinschaft der deutschen Privatschulen e.V., Berl. angehören. 5. Soweit es sich um eine Schule handelt, die eine Sonderaufgabe erfüllt, ist besonderer Wert darauf zu legen, daß mit der Schule ein Heim verbunden ist, das den Anforderungen ... genügt“. Weiter wird mit dem Ministerialerlaß vom 5.4.1939 verfügt, daß auf die Unterrichtsgestaltung der anerkannten höheren Schulen „grundsätzlich alle für das öffentliche höhere Schulwesen ergangenen Vorschriften Anwendung finden“. Mit den Ministerialerlassen vom 9.9.1937; 22.9.1911, 17.3.1938, 21.11.1938 und 19.1.1940 wird Beamten und öffentlichen Bediensteten verboten, ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken; ausgenommen sind lediglich die anerkannten Privatschulen. Die Anpassung an die staatlichen Lehrpläne zwing die anerkannten Privatschulen dazu, z.B. 1933 die Einführung der Rassenkunde als Unterrichtsfach, 1939 die Abschaffung der Schulgottesdienste mitzuvollziehen. Die Teilnahme am Religionsunterricht wird 1936 freigestellt, allerdings ordnet ein Ministerialerlaß vom 7.12.1938 an, daß vom nationalsozialistischen Lehrer im Religionsunterricht „in. besondere bei der Darstellung des Judentums, nichts verlangt wird, was den Grundsätzen des Nationalsozialismus zuwiderläuft“. Damit sollten Lehrer von der Niederlegung des Religionsunterrichts aus „Gewissensbedenken“ abgehalten werden. Erst im Laufe des Krieges scheint der Religionsunterricht verboten zu werden. Äußere Entwicklungen treffen alle Schulen, auch die Privatschulen: Mit Erlaß vom 15.11.1938 wird der Ausschluß der Juden von deutschen Schulen verfügt. 1936 wird mit dem Gesetz über die Hitlerjugend die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend Pflicht. 1941 wird eine Vereinbarung zwischen dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der HJ getroffen über die Verteilung der Leibeserziehung auf Schule und HJ. Seit 1934, intensiviert seit 1938, gab es Vertrauenslehrer der HJ in den Schulen. Mit Ministerialerlaß vom 24.10.1934 werden an allen öffentlichen Schulen „Schulgemeinden“ und „Jugendwalter“ anstelle der bisherigen Elternbeiräte geschaffen. Die Schulgemeinde besteht aus je nach Schulgröße 2 bis 5 Personen, die vom Leiter berufen werden und mit ihm und einem entsandten HJ-Führer die „Jugendwalter“ sind. Das Gremium hat nur beratende Bedeutung. Die „Reichsgemeinschaft der deutschen Privatschulen e.V.“ ist die berufsständige Zusammenfassung der 1936 HJ Gruppe Schloss tritt vor dem Schloss an Bilder ARCHIV 12
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