110 SCHULE Napola Schulpforta und die „Tochteranstalt Schloss Neubeuern“ ZEITSCHRIFT DER NATIONALPOLITISCHEN ERZIEHUNGSANSTALT SCHULPFORTA 8. K R I E G S N U M M E R 6. JAHRGANG HEFT 3. AUGUST 1942 Liebe Kameraden! Heute ein paar Worte über unsere Tochteranstalt Neubeuern. Im Osterurlaub kam der Befehl der Inspektion, dort zwischen Rosenheim und Kufstein in dem Schloß des Freiherrn von Wendelstadt eine ebenfalls gymnasiale Nationalpolitische Erziehungsanstalt zu errichten. Nach der Erkundung des Notwendigsten und der offiziellen Übernahme für das Reich begann in der letzten Aprilwoche der Dienst mit den Zügen 4 und 5, den Erziehern Hundertschaftsführer Wurms, Hauptzugführer Rahm und Kamradek. Inspektor Wolter und Frau Gräfe, die sich noch 2 unserer Mädel aus der Küche mitgenommen hatte, sorgten dafür, daß Haus, Hof und Verwaltung von Fachkräften betreut wurden. Ein 40 m hoher langgestreckter Felsrücken überragte wenige 100 Schritt vom rechten Innufer entfernt die sauberen Marktflecken Neubeuern und trägt an seinem Südabhang, hart über dem auch in der oberbayerner Umgebung auffallend schönen Marktplatz das Schloß, von dem aus man freien Blick auf die Nordtiroler Kalkalpen, Kaisergebirge und bei klarem Wetter bis zu den Hohen Tauern hat. Ein alter Turm gibt die Aussicht auch auf das Alpenvorland frei, man sieht bis zum Chiemsee und angeblich ein- oder zweimal im Jahre sogar die Türme der Frauenkirche in München. Die ältesten Bauteile dieses Turms haben schon die Römer gebaut; er sicherte mit vielen seinesgleichen die große Straße von Italien über den Brenner am Inn entlang nach Germanien. Und heute liegt Neubeuern endlich wie Schulpforta, unmittelbar an der großen europäischen Nord-Südverkehrsader der Achse. Das Landschulheim, das seit 1925 in einem Flügel des Schlosses bestand, war in Wesen und Raumbedarf natürlich ganz anderes geartet als wir. Und wenn wir auch zunächst ausreichend Platz haben: Mit jedem Jahre wird´s enger werden, und nach dem Kriege sind erhebliche bauliche Veränderungen nötig. Glücklicherweise hat man in einem großen Park Gelände genug für eine ganze Reihe von Neubauten. Daß die Beschaffung von Gerät, Nahrungs- und Reinigungsmitteln, von Bettzeug, Uniformen und Spinden, von Lebensmitteln und Papier jetzt nicht leicht ist, könnt ihr Euch denken: Unseres Wolter Verdienste sind hier besonders hoch. Auch die nötigen Besprechungen mit Landrat, Ernährungs- undWirtschaftsamt sind nicht zuletzt deswegen so schwer durchzuführen, weil wir ganz ohne Kraftfahrzeug waren. Jetzt haben wir einen PKW von Schulpforta bekommen, und ein Lkw ist im Anrollen. Vom ersten Augenblick an haben wir das Hauptaugenmerk auf unseren Nachwuchs gerichtet. Da im Mai, als wir anfangen konnten zu arbeiten, bei den anderen Nationalpolitischen Erziehungsanstalten die Anmelde- und Musterungsarbeiten im wesentlichen abgeschlossen zu sein pflegen, mußte also Hochdruck hinter unserere Bemühungen gesetzt werden. Eine Welle von Zeitungsartikeln und Drucksachen ergoß sich über den Gau und ganz Bayern, ich bin durch das halbe Land gefahren und habe aufklärend gewirkt. Ganz besonders unterstützt hat uns die Gauleitung, die die Auslesevorarbeit für uns ähnlich wie für die Adolf-HitlerSchulen eingerichtet hat. In Zusammenarbeiten von Hoheitsträger und Schule wurden die voraussichtlich Geeigneten gemeldet, anhand der eingelaufenen Papiere vorgemerkt und dann die noch verbliebenen 90 Anwärter für die engere Wahl zu zwei einwöchigen Ausleselagern einberufen. 40 Jungmannen hat die scharfe Auslese ergeben. Mit ihnen werden wir ab 1. September den ersten Jahrgang eröffnen. Die Fühlung mit den Einwohnern ist gut. HJ und DJ benutzten unsere Sportplätze und die Turnhalle, mit Ihnen haben wir auch die Reichsjugendwettkämpfe gemeinsam durchgeführt. Auf den Bannmeisterschaften in Rosenheim hat unsere Mannschaft den 1. Platz belegt, obwohl die 6 Besten gerade in Schulpforta waren, um hier an den Bannmeisterschaften teilzunehmen. Ein anschließend ausgetragener Handballkampf unseres 4. Zuges und des DJ Rosenheim endete nach Halbzeit 0:2, dann doch noch 3:2. Wenn Not am Mann ist und Arbeitskraft knapp, müssen wir überall mit zufassen: So haben wir die Kohlen für den Winter eingeschaufelt, so auf einer Scheune im Ort, die die Ernte bergen soll, die Ziegel zugereicht und das Dach mit decken geholfen, so wird gleich Anfang September in Neu- und Altenbeuern Erntehilfsdienst geleistet werden. Und schließlich wird den Jungmannen die Bergung unserer eigenen Ernte an Äpfeln und Birnen ebenso wenig zur Last sein wie schon die Kirschernte Anfang Juli. Wir werden auch im neuen Dienstjahr viel Arbeit haben, aber umso mehr Freude an dem Aufbauwerk, das uns in dieser großen Zeit zu leisten gesetzt ist. Anstaltsleiter Person Eintrag Gästebuch Schloss Neubeuern Bd. VIII Kurt Person 14 ARCHIV
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