114 SCHULE 18 10. Mai 1940: Der Direktor sucht den HJ.-Stabsleiter im Ministerium auf, weil er erfahren hat, daß “gegen die Anstalt etwas vorliege“ und weil er aus ihm zugetragenen Äußerungen heraushören kann, daß “die Existenz der Schule sehr gefährdet” sei. Der Stabsleiter nannte als einzige Möglichkeit, die Schule vor der Schließung zu retten, die Änderung in der Zusammensetzung der Schüler, die so wie sie sei für einen NSStaat untragbar sei: Prinz 4, Baron 12, in Summa 158, Fürst 5 von 22 d.h. Graf 19, bürgerlich 96, Schüler aus bürgerlichen Familien: 61 %, Schüler aus adeligen Familien: 39 %. Wenn auch, im übrigen, jetzt neuerdings keine Anzeigen gegen das Landschulheim vorlägen, könne von der einen Forderung nicht abgegangen werden, die Schule baldmöglichst in eine Stiftung umzuwandeln “Ich bat, doch nicht die Forderung zu stellen, sondern es Frau Baronin zu überlassen, ob sie nicht aus freien Stücken diese Stiftung mache. Damit war man einverstanden”. Rieder 11.5.1940 22. Mai 1940: Das Ministerium verlangt, wenn die Schule überleben wolle: 1.) die Überführrung der Schule in eine Stiftung, doch kann dieser Prozeß zunächst noch vertagt werden; 2.) die Aufnahme eines von der HJ.-Stabsführung ausgewählten Heimleiters, der an der Seite des Direktors zu wirken habe - allerdings erst nach Kriegsende. November 1940. Ein Obersturmbannführer von der Waffen-SS hält vor den älteren Schülern einen WerbeVortrag. Der Schüler B. teilt seinemVater, der SS-Oberführer in Berlin ist, mit, daß drei Kameraden abfällige Bemerkungen über den Vortragenden gemacht hätten. Der SS-Oberführer B. übergibt die Angelegenheit zur Untersuchung an den Münchner Polizeipräsidenten (der SS-Obergruppenführer ist) und an die Kanzlei des Führers (Reichsleiter Bouhler) und schreibt an Direktor Rieder: “Diese und frühere Vorkommnisse haben mich veranlaßt, die zuständige Dienststelle in München zu fragen, wie die politische Erziehung der Schüler an Ihrer Anstalt beurteilt würde. Ich habe darauf die Mitteilung erhalten, daß auf Grund bereits in größerer Anzahl vorliegender Anzeigen und Beschwerden geeignete Maßnahmen eingeleitet wären ...” Der Direktor schlägt um sich: Berichte ans Ministerium, Bitte um Beistand an den Vorstand der „Reichsgemeinschaft deutscher Privatschulen“, der freilich antwortet: „Ich habe den Eindruck, daß Sie es mit Ihren Verpflichtungen als Leiter einer Höheren Schule im nationalsozialistischen Staat in gewissem Sinn zu leicht genommen haben.“ (Dr.Tenhof, 5.3.1941) An alte Schüler, die in Berlin leben; schließlich an den Chef der Kanzlei des Führers, Reichsleiter Bouhler, der um eine Audienz gebeten wird. „Es handelt sich um Vorwürfe, daß die Anstalt Neubeuern nicht im nationalsozialistischen Sinne geführt werde, und daß die Schule eine Adels- und Standesschule sei.” Rieder 13.2.1941 “Ich hörte gestern, daß der Schüler B. anderen Schülern erzählte, er wisse, daß nach Weihnachten die Schule aufgelöst werde”. Rieder 12.12.1940 Während Direktor Rieder in Berlin ist und darauf wartet, von Reichsleiter Bouhler empfangen zu werden, trifft - es ist der 13. Februar 1941 - im Landschulheim Neubeuern die Entschließung des Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus ein: “Die Schule wird mit sofortiger Wirkung geschlossen”. Der Schicksalstag des 13. Februar 1941 in vier Tagebüchern: “Donnerstag 13.2.41 Schul-Alltag im dritten Kriegsjahr. Schließungsanordnung 11.2.1942 ARCHIV Abitur 1940 Gästebuch Schloss Neubeuern Bd. VIII
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