Jahrbuch_2020-21

148 SCHULE Erinnerungen an die Schulzeit an der Napola Neubeuern Sepp Meier 1943-45 Zwei Landshuter Freunde, Hermann Kumpfmüller und Rudolf Bühl haben einen gemeinsamen Schulfreund namens Helmut Bayer, von dem sie wissen, dass er einmal an der Napola Neubeuern war. Hermann Kumpfmüller, der wusste, dass auch ich dort war, erzählte Helmut Bayer von mir und ließ mich wissen, dass sich eine Gruppe ehemaliger Schüler jährlich trifft. Er gab mir Helmut Bayers Mail Anschrift. Ich sandte eine Mail, wollte der Gruppe beitreten, erhielt aber keine Antwort. Zwei Jahre später erwähnte Rudolf Bühl, dass Helmut Bayer für das Jahr 2015 ein Treffen der Gruppe organisiere und zwar in meiner Geburtsstadt Landshut. Ich schickte eine weitere Mail und erhielt eine Einladung. Das Treffen war am 8. und 9. Mai. Es kamen über ein Dutzend Leute, zur Hälfte ehemalige Napola Jungmannen. Die anderen waren die Ehefrauen oder Kinder verstorbener Mitglieder. Ich wurde freundlich empfangen, aber stellte mit Besorgnis fest, dass Helmut Bayer und ich die einzig Überlebenden unserer Klasse waren. Trotzdem war das Treffen von immenser Bedeutung für mich; denn siebzig Jahre lang waren meine Neubeuern Erinnerungen nicht durch die Erinnerungen anderer bekräftigt worden. Hatten sie sich in Illusionen verwandelt? Zu meiner großen Erleichterung fand ich, dass wir gemeinsame, sich deckende Erinnerungen haben. Ich erhielt Zugang zu Dokumenten, darunter eine offizielle Liste ehemaliger Schüler und ich war darunter. Im Ordner befanden sich auch Niederschriften der Erinnerungen diverser Schüler, die mich anspornten auch die meinen zu Papier zu bringen, um sie meiner Familie und meinen Freunden zugänglich zu machen. Im Frühjahr 1943 kam Zugführer Stadelmann in die Nikola Schule in Landshut und suchte Kandidaten für die Napola in Neubeuern. Er kam auch in meine Klasse (4. Schuljahrgang, Lehrer Hans Fischer), bat den Lehrer, Kinder zu identifizieren, die in Frage kamen. Etwa vier Kinder wurden gebeten aufzustehen, ich darunter und Herr Stadelmann begann der Reihe nach das große Einmal Eins abzufragen. Ich merkte schnell, dass er, selbst kein Mathematiker, eine gewisse Ordnung einhielt und seine Fragen vorhersehbar waren, nutzte die Zeit, bis ich wieder an die Reihe kam, mich für meine Frage vorzubereiten. Wer falsch antwortete, fiel durch und musste sich setzen. Ich stand als letzter. Stadelmann notierte sich Namen und Anschrift, sprach mit dem Lehrer über mich und verließ das Klassenzimmer. Lehrer Fischer informierte mich später, dass ich diese “Aufnahmeprüfung” in die Napola Neubeuern bestanden hatte, dass es ein nationalpolitisches Gymnasium sei mit viel Sport, Kajakfahren, Segelfliegen, Schifahren, Fechten, Boxen, Schießen, in einem Schloss am Inn in den Alpen, eine einzigartige Gelegenheit was aus mir zu machen. Ich solle mit meinen Eltern reden. Meine Eltern, mein Vater war Magaziner bei der Bahnmeisterei und beide hatten nur Volksschulbildung, zögerten ihr zehnjähriges Kind einer höheren Bildung wegen im Krieg in die Fremde zu schicken, zumal sie beide fürchteten, dass der Krieg nach der Kriegserklärung an Russland wahrscheinlich verloren war, willigten aber schließlich auf mein anhaltendes Drängen hin ein. Der Sommer verging. Von Neubeuern kam nichts. Zum ersten Schultag im Herbst ging ich wieder nach Nikola, weil ich ja jetzt auch die Aufnahme ins Gymnasium oder die Real- Treffen 2015 Landshut v.l. Harry Strobl ( im hellbraunen Anzug), Helmbrecht Saumweber, Josef (Bepp)Taubeneder, Helmut Bayer, Frieder Loeffler, Sepp Meier, Gerhard Fritsch (und Begleitungen) 52

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