68 SCHULE Sommerfest 1935 Das Landschulheim Neubeuern hat im Sommer 1935 die zehnte Jahrfeier seines Bestehens begangen. Eltern, Freunde des Hauses und alte Schüler fanden sich für zwei Tage in dieser schönen Landschaft des Initials zusammen, um zu feiern, zu gedenken und die Werdenden und Jungen der Schule in ihrer Gemeinsamkeit zu sehen. Als alten Schüler entzückt einen wohl zuerst, wenn man wieder den Schloßberg hinaufsteigt und von oben aus den Fenstern zum Lauf des Inns, zu den gegenüber breit gelagerten Bergen, in die Ruhe des geöffneten Tals hinaussieht, die Empfindung des Heimkehrens und Wiedererkennens. Unveränderlich schön ist das Land, in dem die Stille der Ebene mit der Bewegung der zu Bergen anwachsenden Hügel sich so freundlich begegnet, und jedes Kleine und Einzelne ist in der Erinnerung geblieben. Hundertmal sind wir durch diese Türen gegangen, eilig zur Stunde oder zum Essen oder zum Spiel. Man findet die Plätze wieder, den Hang, wo wir Ski liefen, man besucht die alten Klassenzimmer und die feierliche Aula und wundert sich bald, daß alles schon so weit zurückliegt und daß man von keiner Glocke zur Arbeitsstätte gerufen wird. Man ertappt sich bei einem der kindischen Wünsche, die das Vorübergegangene wieder zur Gegenwart machen wollen und ist dann froh, unter den vielen netten Gesichtern hier und da ein bekanntes zu sehen, einen alten Schüler, einen alten Lehrer, der wie man selber verwundert und doch vergnügt im Getriebe herumwandert und sich mit der Weisheit Hamsuns zurechtfindet, „daß das Leben lebt und weitergeht“. Das Erste, was ich von den Ereignissen des Festes sah, war dasWettschwimmen im Dorfbad. Aber da ich auch hier weder Sieger noch Besiegte bei Gesicht und Namen kannte, mußte ich mich wieder viel wundern und viel fragen und schließlich das heftige Rufen und Wünschen, das die Schwimmer begleitete, als ein Schauspiel hinnehmen, in dem ich vor Jahren auch Akteur oder Statist gewesen war. Die für den Vormittag angesetzten leichtathletischen Wettkämpfe mußten zurückgestellt werden, man saß wartend in den Zimmern und fürchtete für den Plan des Tages. Doch überraschend hatte eine niedrige Wolkenschicht sich ausgebreitetl, es wurde heller, wenn das obere Grau auch blieb und der von Musik begleitete Marsch der Schüler und Gäste den Schloßberg hinunter und durch den Markt Neubeuern zum Turnplatz konnte im Trockenen und Guten vor sich gehen. Die Fahnen des Reiches umgaben das Feld. Staatsrat Boepple war als Vertreter der Regierung zum Fest gekommen, Direktor Rieder begrüßte ihn in würdiger und einfacher Ansprache, erzählte von der Geschichte der Schule, von der Entwicklung und den erzieherischen Aufgaben. Danach begannen die Wettkämpfe: Hochsprung, Staffel, Freiübungen und Speerwurf. Es ist eines der Bilder, die man noch zurückdenkend als etwas Freudiges erlebt: 25
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