Jahrbuch_2020-21

99 SCHULE Einführung Unser Geschichtslehrer Herr Sylvester informierte uns im Herbst 2020 über die Ausschreibung eines Wettbewerbes des Stadtarchivs Rosenheim. Das Interesse amThema NAPOLA (Nationalpolitische Lehranstalt) oder auch NPEA (Nationalpolitische Erziehungsanstalt) wurde durch eine Ausstellung in der Schule geweckt mit dem Thema „Brunnenfunde“. Der Schloss Zisternenbrunnen hat eine Tiefe von 50m und wurde nach dem 2. Weltkrieg geschlossen. Bei der Leerung des Brunnens 2008 fand man in der oberen Schicht u.a. eine Hitler Bronze und verschiedene Waffen aus dem 2. Weltkrieg. Durch Recherche im Archiv erfuhren wir dass unsere Schule 1942 auf Druck des nationalsozialistischen Regims schließen musste und stattdessen eine sog. NAPOLA Schule eingerichtet wurde. Da einige den Film „NAPOLA“ kannten - übrigens mit Schauspieler Tom Schilling - der schon 1989 im Film „Crazy“ auf dem Schloss gedreht hatte, war unser Interessse geweckt. Auf der Suche nach Quellen recherchierten wir in unseren frisch digitalisierten Jahrbüchern und waren erstaunt, dass erst 1996 das Thema in unseren Jahrbüchern erwähnt wurde. Wie wir später von Zeitzeugen erfuhren ,wurde eine Gruppe ehemaliger NAPOLA Schüler bei ihrem Jahrgangstreffen in den 80er Jahren sogar von einem Lehrer von der Südterrasse unseres Schlosses verwiesen. Wichtig für uns war auch die Frage: „Wie konnte es zu einer Gründung einer NAPOLA auf Schloss Neubeuern kommen?“ In einer ersten Recherche wurde der Begriff NAPOLA präzisiert: „Anknüpfend an die Tradition der preuß. Kadettenschulen in Plön, Potsdam und Köslin wurden viele NAPOLA´s, so auch Schulpforta am 20.4.1933 eröffnet. Sie dienten der Ausbildung einer in allen führenden Stellungen des NS-Staates verwendbaren Elite. Diese Schulen (1942 ca. 33 Anstalten) unterstanden dem Reichserziehungsminister, denn sie blieben im Gegensatz zu den Parteischulen (Adolf-HitlerSchulen) staatl. Internatsschulen. Eine strenge Auslese sollte nach rassischen, körperl. und geistigen Gesichtspunkten sollte ein hohes Unterrichtsniveau garantieren. Innerhalb des an der Oberschule orientierten Lehrplans kam der Leibeserziehung die zentrale Erziehungsfunktion zu. Der Ausbildungsweg unterschied grundständige Leibesübungen (Schwimmen, Kampfspiele, Geländesport, Leichtathletik, Geräteturnen u.a.) und weiterführende LÜ (Boxen, Fechten, Rudern, Reiten, Segelfliegen, Segeln, Motorsport), die in einzelnen Leistungsgruppen betrieben wurden. Eine solche vielseitige Ausbildung zielte insbes. auf eine Wehrertüchtigung ab. Höhepunkt des Gelände- und Wehrsports waren zahlreiche Lager, Geländeübungen und Manöver.“ (vgl. RÖTHIG s. 213) Wie definierte sich also die Erziehung im Nationalpolitischen Systhem? Hier half uns ein Geschichtsbuch aus unserem Archiv von 1942. „Gegenüber der Überschätzung wissenschaftlicher, geistiger Bildung in der Vorkriegszeit, die die eigentliche Erziehungsaufgabe der Schule stark in den Hintergrund treten ließ, verlangt der Nationalsozialismus in erster Linie körperlicher Ertüchtigung der Jugend und Erziehung zu verantwortungsbewussten Gliedern der Volksgemeinschaft. Erst in der Leitlinie steht die geistige Bildung, nicht weil sie an und für sich gering geschätzt wurde, sondern aufgrund der Überzeugung, dass nur ein körperlich gesunder, zur sittlichen Persönlichkeit entwickelter Deutscher Wert ist, wissenschaftlich gebildet zu werden, weil nur ein solcher die Gewähr bietet, dass er sein Wissen und Können im Dienste der Nation nutzbringend einsetzen wird. Gesundheit und Charakter sind für den Nationalsozialisten wichtiger als Wissen. Sie sind die Voraussetzungen dafür, dass dasWissen seinenWert erhält und seinen Zweck erfüllen kann...“ vgl. VOLKWERDEN, S. 252-253 Herr Taubeneder aus Rosenheim, einer der ersten Schüler 1942, der unser Schloss schon häufiger als Zeitzeuge besucht hatte, stellte uns eine Liste seiner noch lebenden Klassenkameraden zur Verfügung, die wir zur Bearbeitung unseres Themas kontaktierten. „Ohne die Vergangenheit zu verstehen, kann man nicht in die Zukunft gehen. Es geht nicht um das Aufarbeiten einer Schuld, sondern um das Verstehen der Hintergründe!“ Peter Lehmann 3

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